Nachteilsausgleich

In diesem Kapitel wird der Begriff „Nachteilsausgleich“ erläutert.

Hintergrund

Was versteht man unter Nachteilsausgleich?
„Das Recht auf angemessene Vorkehrungen ist ein Bestandteil des Diskriminierungsverbots (Art. 2 und 5 CRPD
). Gemäss Art. 2 CRPD handelt es sich dabei um „notwendige und angemessene Änderungen und Anpassungen, die keine unverhältnismässige oder unbillige Belastung darstellen und die entsprechend den Bedürfnissen in einer gegebenen Situation vorgenommen werden, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen ein Grundrecht, in diesem Fall das Recht auf Bildung, geniessen oder ausüben können“. Diese Vorkehrungen können formaler oder materieller Art sein“ (Mizrahi und Bolkensteyn, 2020).

Der folgende Inhalt stammt aus dem Artikel Compensation des désavantages von Mizrahi und Bolkensteyn.

Nachteilsaugleich

 

Das Diskriminierungsverbot und angemessene Vorkehrungen

  • «Eine Benachteiligung bei der Inanspruchnahme von Aus- und Weiterbildung liegt insbesondere vor, wenn: a) die Verwendung behindertenspezifischer Hilfsmittel oder der Beizug notwendiger persönlicher Assistenz erschwert werden; b) die Dauer und Ausgestaltung des Bildungsangebots sowie Prüfungen den spezifischen Bedürfnissen Behinderter nicht angepasst sind.» (BehiG, Art. 2, Abs.5)
  • Das Recht auf angemessene Vorkehrungen ist ein Bestandteil der Rechtsgelichheit (Art. 2 und 5 CRPD). Gemäss Art. 2 CRPD handelt es sich dabei um „notwendige und angemessene Änderungen und Anpassungen, die keine unverhältnismässige oder unbillige Belastung darstellen und die entsprechend den Bedürfnissen in einer bestimmten Situation vorgenommen werden, um sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen ein Grundrecht, in diesem Fall das Recht auf Bildung, gleichberechtigt mit anderen geniessen oder ausüben können“. Diese Vorkehrungen können formaler oder materieller Art sein.
  • Formale Anpassungen, die auch als Massnahmen zum Nachteilsausgleich bezeichnet werden, bestehen in der „Neutralisierung oder Verringerung der durch eine Behinderung verursachten Einschränkungen. Dieser Begriff bezieht sich auf die Anpassung der Bedingungen, unter denen eine Lehre oder Prüfung stattfindet, und nicht auf eine Anpassung der Schul-/Ausbildungsziele oder eine Befreiung von Noten oder Fächern.“
  • Nach der Rechtsprechung sind bei der Bestimmung von Art und Umfang des Ausgleichs die Anpassungen zu berücksichtigen, die erforderlich sind, damit ein behinderter Kandidat die gleichen Chancen hat, die Prüfung zu bestehen, wie wenn seine Behinderung nicht bestünde (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-7914/2007, ATAF 2008/26 Erw. 4.5). Somit handelt es sich nicht um eine Anreizmassnahme, die darauf abzielt, die betroffene Person gegenüber anderen zu bevorzugen. Darüber hinaus besteht der Anspruch auf Ausgleichsmassnahmen unabhängig davon, ob eine Person auch ohne die Massnahme gute Noten erzielt hat oder wahrscheinlich erzielen würde.

Schlüsselpunkte für die Schweiz:

  • Recht auf Bildung für alle.
  • Verbot von direkter und indirekter Diskriminierung.
  • Gesetz zur Beseitigung von Ungleichheiten

Was hat das mit mir zu tun?

Konkret bedeutet dies, dass in allen Bereichen, sei es in der Schule, an der Universität, am Arbeitsplatz oder in der Gesellschaft, jeder versuchen sollte, die durch eine Behinderung entstandenen Nachteile so weit wie möglich zu minimieren. Durch die Anpassungen sollen die betroffenen Personen keinen Vorteil erhalten. Einer Person im Rollstuhl werden beispielsweise Rampen angeboten, damit alle Orte erreicht werden können. Hörgeschädigten Personen können beispielweise Untertitel angeboten werden. In Bezug auf Autismus könnten diese Vorkehrungen wie folgt aussehen:

  • In der Pflichtschule: einen ruhigen Ort einrichten, Anweisungen schriftlich geben, relevante Informationen hervorheben, Unterstützung bei der Organisation und Durchführung von Gruppenarbeiten anbieten, komplexe soziale Situationen besprechen etc.
  • An der Universität: Prüfungen in einem ruhigen Raum abhalten, Kursmaterialien im Voraus aushändigen, Zugang zu einer Kontaktperson anbieten, die Studierenden bei der Organisation der ECTS-Kreditpunkte unterstützen etc.
  • Im Berufsleben: einen Job-Coach für die ersten Wochen organisieren, eine Kontaktperson für Fragen zuweisen, bei der Arbeitsplatzgestaltung sensorische Reize berücksichtigen, den Ablauf für Anweisungen festlegen.

Was ist der nächste Schritt?

Wenn Sie an der Universität sind und ihre Autismus-Spektrum-Störung Sie in Ihrem Studium behindert, wenden Sie sich an das Büro Studium und Behinderung oder das Team Autism&Uni.

Praktische Tipps

  • Wenn Sie mit jemandem aus dem Autismus-Spektrum zusammen sind, schauen Sie, ob angemessene Vorkehrungen getroffen wurden.
  • Wenn Sie aus dem Autismus-Spektrum kommen, benötigen Sie vielleicht keine besondere Unterstützung. Gut, wenn dies bei Ihnen der Fall ist
  • Wenn Sie aus dem Autismus-Spektrum kommen und merken, dass Sie auf Hindernisse stossen, versuchen Sie, diese Hindernisse zu identifizieren. Ist es für Sie besonders schwierig, sich zu organisieren? Oder haben Sie Schwierigkeiten mit Ihren Sinneswahrnehmungen?
  • Schauen Sie, ob Sie Ressourcen finden, um die Hindernisse selbst zu überwinden.
  • Manchmal braucht es nur wenig Unterstützung, um eine Schwierigkeit vollständig verschwinden zu lassen. Nehmen Sie Kontakt mit dem Autism&Uni-Team auf, um über Ihre Bedürfnisse zu sprechen.
  • Wenn man in Schwierigkeiten steckt, hat man oft das Gefühl, allein zu sein. Im Kapitel Erfahrungsberichte können Sie unterschiedliche Lebenswege kennenlernen
  • Erkundigen Sie sich nach konkreten und angemessenen Möglichkeiten des Nachteilsausgleichs in Ihrem Fall (wenn Sie studieren: beim Büro für Studium und Behinderung, wenn Sie sich um eine neue Stelle bewerben: beim Autism&Uni-Team oder bei der IV).

 

Fragen, die Sie sich stellen sollten

  • Wenn Sie mit einer Person aus dem Autismus-Spektrum Kontakt haben:
    • Haben Sie die spezifischen diagnostischen Merkmale verstanden?
    • Haben Sie den Unterschied zwischen dem tatsächlichen und dem ersichtlichen Potenzial (eingeschränkt durch den Autismus) erkannt?
    • Haben Sie diese Aspekte mit der betreffenden Person besprochen?
    • Können Sie etwas tun, um Benachteiligungen ggf. auszugleichen?
  • Wenn Sie eine Person saus dem Autismus-Spektrum sind:
    • Fühlen Sie sich aufgrund der Autismus-Spektrum-Störung in Ihrem vollen Potenzial gehemmt?
    • Können Sie beschreiben, inwiefern Sie die Autismus-Spektrum-Störung behindert?
    • Verstehen Sie, in welchen Bereichen Sie unterstützt werden könnten, ohne einen Vorteil gegenüber Gleichaltrigen ohne Autismus-Spektrum-Störung zu haben?
    • Wissen Sie, an wen Sie sich wenden können, wenn Sie sich nicht sicher sind?

Zusätzliche Informationen

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Über den Autor

Nathalie Quartenoud ©

Übsersetzt von Gina Nenninger