Tools von und für die Peers

Das Leben an der Universität wird zu einem grossen Teil von den Peers (Gleichaltrigen) gestaltet. Was genau ist ihre Rolle?

Hintergrund

Sowohl Jungen und Männer als auch Mädchen und Frauen können eine Autismus-Spektrum-Störung haben. Lange Zeit ist man davon ausgegangen, dass männliche Personen deutlich häufiger eine Autismus-Spektrum-Störung aufweisen als weibliche Personen. Heute weiss man, dass mehr Mädchen und Frauen eine Autismus-Spektrum-Störung haben als gedacht, dass diese aber teilweise schwieriger zu erkennen ist.

Wenn Menschen aus dem Autismus-Spektrum über nichtautistische Menschen sprechen, bezeichnen sie diese oft als „neurotypisch“. Damit meinen sie Menschen, die nach einer bestimmten Art und Weise funktionieren oder eben ausserhalb des autistischen Spektrums liegen. Die Unterscheidung der verschiedenen Funktionsweisen wird heute zugunsten der Betonung der Individualität jedes Einzelnen in Frage gestellt. Zusammenfassend könnte man sagen, dass das Anderssein/ die Verschiedenheit heute zur Normalität geworden ist.

Different is normal

Das Leben an der Universität ist geprägt von Vorlesungen, Prüfungen und vom sozialen Leben. Ein Grossteil der Interaktionen mit Mitstudierenden findet ausserhalb der Vorlesungszeiten statt. Für Studierende aus dem Autismus-Spektrum kann es schwierig sein, mit dieser sozialen Nähe umzugehen. Im akademischen Leben spielen die Peers jedoch eine wichtige Rolle.

Bis vor kurzem war es für viele Menschen schwierig, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass Menschen aus dem Autismus-Spektrum an der Universität studieren könnten. Heute ist dies nicht nur bekannt, sondern wird auch geschätzt. Das Kapitel geht auf Besonderheiten der autistischen Funktionsweise ein, die für die Universität von Interesse sind.

Bis vor einigen Jahren wurden viele Studierende in ein typisches Profil eingeordnet. Heute, wie im Kapitel für Dozierende und das administrative Personal erläutert, werden die Lehrmethoden vielfältiger und die unterschiedlichen kognitiven Profile werden hervorgehoben. Es wird erkannt, dass unterschiedliche Formen des Reflektierens und des Konzeptualisierens die Innovation vorantreiben kann. Studierende können in dieser Dynamik selbstbewusster werden, indem sie ihre Überzeugungen und ihre kritische Haltung zunehmend durchsetzen.

Was hat das mit mir zu tun?

Da der Anteil autistischer Studierender auf 0,3 bis 0,6 Prozent aller Studierenden geschätzt wird, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass neurotypische Studierende auf autistische Studierende treffen.

Es ist unbestritten, dass die Peers an der Universität eine wichtige Rolle einnehmen. Anders als in den letzten Jahrzehnten scheint die gegenseitige Hilfe jedoch nicht mehr so wichtig zu sein. Warum ist das so? Weil man weiss, dass Vielfalt für alle Beteiligten von Vorteil ist und dass die Verschiedenartigkeit den meisten Menschen zugutekommt.

Folgend finden Sie Hinweise, die im Hinblick auf die Interaktion mit autistischen Peers hilfreich sein können. In Wahrheit sind diese Hinweise im Umgang mit den meisten Menschen anwendbar und angenehm. Das ist nur ein Punkt, der uns die Welt des Autismus lehrt.

Peer-Mentoring

Auf internationaler Ebene wurden bereits einige Peer-Mentoring-Programme ins Leben gerufen. In Freiburg sollen ab Herbst 2021 erste Schritte in diese Richtung unternommen werden. Regelmässige Treffen können Studierenden aus dem Autismus-Spektrum helfen, das Selbstvertrauen zu bewahren. Neurotypische Peers können dabei lernen, Abläufe zu organisieren und strukturiert zu kommunizieren. Die Durchführung eines Peer-Mentorings wird zudem von einer Fachkraft des Autism&Uni-Teams betreut und ermöglicht es, viel Wissen zu sammeln, das direkt angewendet werden kann.

Was ist der nächste Schritt?

Gibt es in Ihrem Jahrgang eine Person aus dem Autismus-Spektrum und fühlen Sie sich ausreichend informiert?

Praktische Tipps

  • Wenn Sie eine gewisse Distanz zu Peers aus dem Autismus-Spektrum wahrnehmen, sollten Sie sich informieren. Das Wissen zum Thema Autismus wird helfen, Ängste zu mindern.
  • Es kann sein, dass Peers aus dem Autismus-Spektrum während bestimmter sozialer Momente, z. B. beim Mittagessen oder zwischen den Unterrichtsstunden, Abstand halten. Wenn Sie sich dabei unwohl fühlen, fragen Sie nach. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die entsprechenden Personen einfach einen Moment der sensorischen und sozialen Ruhe brauchen, um Kraft zu tanken.
  • Gruppenarbeiten sind für alle Studierenden schwierig. Hier sind einige Hinweise, die während Gruppenarbeiten berücksichtigt werden können:
    • Bevor Sie beginnen, beschreiben Sie Ihre Stärken und Schwächen. Nehmen Sie dabei Bezug auf die Fähigkeiten, die Sie für die Arbeit mobilisieren müssen.
    • Bitten Sie Ihre Kollegen/Kolleginnen, dasselbe zu tun
    • Teilen Sie die Arbeit auf. Beachten Sie dabei, dass Stärken gefördert und Schwierigkeiten gemieden werden können.
    • Einigen Sie sich auf eine gemeinsame Philosophie der konstruktiven Kritik
    • Unterteilen Sie die Arbeit in verschiedene Teile. Achten Sie dabei, dass die Teile angemessen verteilt werden.
    • Vereinbaren Sie Meilensteine, die erreicht werden müssen, um das Ziel zu erreichen.
    • Vereinbaren Sie unter Berücksichtigung der Meilensteine Termine, an denen Sie Ihre persönliche Arbeit beendet haben müssen.
    • Vereinbaren Sie regelmässige Treffen
    • Halten Sie sich an Ihre Verpflichtungen
  • Vermeiden Sie bei der Kommunikation Anspielungen, Unausgesprochenes, mimische Sprache oder sprachliche Mehrdeutigkeiten wie Redewendungen, Wortspiele oder Ironie.
  • Seien Sie klar und explizit in Ihren Forderungen
  • Eine Person aus dem Autismus-Spektrum kann schnell ermüden, wenn sie sich in einer Gruppe oder in einer lauten Umgebung befindet. Achten Sie darauf, nicht unnötig viel zu reden
  • Es kann sein, dass Peers aus dem Autismus-Spektrum raffinierte Verbindungen zwischen zwei Themen herstellen, ohne diese Verbindungen zu erläutern. Zeigen Sie Interesse dafür, Sie werden unter Umständen positiv überrascht werden.
  • Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich bitte an das Team von Autism&Uni.

Fragen, die Sie sich stellen sollten

  • Gibt es in Ihrem Jahrgang eine Person aus dem Autismus-Spektrum oder vermuten Sie, dass es eine gibt?
  • Fühlen Sie sich ausreichend informiert?
  • Würden Sie sich mit dem Autism&Uni-Team in Verbindung setzen, um Fragen zu stellen?
  • Was haben Sie über die Kommunikation mit einer Person aus dem Autismus-Spektrum gelernt?
  • Wie ist Ihr Verhältnis zu Vielfalt?

Zusätzliche Informationen

Die Studierenden des Kurses Autismus 2021 haben eine Reihe von Podcasts vorbereitet, um die Welt des Autismus bekannter zu machen, vielen Dank dafür.

Um weiterzukommen, muss man sich trauen, Fragen zu stellen. Zögern Sie nicht, das Team von Autism&Uni zu kontaktieren und uns in den sozialen Netzwerken zu folgen.

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Über den Autor

Nathalie Quartenoud ©

Übsersetzt von Gina Nenninger