Übergang ins Berufsleben

Der Übergang vom Universitäts- ins Berufsleben ist eine weitere neue Etappe. In diesem Kapitel finden Sie wichtige Hinweise, wie Sie sich am besten auf diesen Übergang vorbereiten können.

Hintergrund

Am Ende des Studiums stellen sich erneut verschiedene Herausforderungen:

  • Veränderung bringt Unbehagen mit sich. Insbesondere Studierende auf dem Autismus-Spektrum fürchten sich häufig vor Veränderungen.
  • Der Gedanke, das Studium zu beenden, kann beunruhigend sein. Das Studium ist intellektuell gesehen oft sehr anregend und beruhigend, da gewisse Vorgaben bestehen (man muss z.B. meistens keine grossen Entscheidungen treffen, sondern kann häufig Anweisungen in einer bestimmten Reihenfolge befolgen).
  • Die Angst vor einer falschen Berufswahl kann verunsichern.
  • Während den Bewerbungsprozessen, dem Kennenlernen eines neuen Ortes und der Integration in ein neues Kollegium stösst man auf viel Unbekanntes, was überwältigend wirken kann.

Oft haben Personen Angst sich während Bewerbungsprozessen sozial ungeschickt oder tollpatschig zu verhalten. Diese Angst kann die Motivation, ins Berufsleben einzusteigen, überlagern.

Was hat das mit mir zu tun?

Diese verschiedenen Punkte werden im theoretischen Konzept der Selbstbestimmung erläutert.

Selbstbestimmtes Verhalten bezieht sich auf „freiwillige Handlungen, die es einer Person ermöglichen, als Hauptverursacher in ihrem Leben zu handeln oder ihre Lebensqualität aufrechtzuerhalten“ (Wehmeyer, 2005, S. 117). Vier wesentliche Merkmale machen selbstbestimmtes Verhalten aus:

1) die Person handelt selbstbestimmt

2) das Verhalten ist selbstreguliert

3) die Person initiiert und reagiert psychologisch autonom auf Ereignisse.

4) die Person handelt auf eine selbstrealisierte Weise.

Selbstbestimmung ist das Ideal, das viele Erwachsene erreichen möchten. Alle Personen nähren sich dem Ziel in ihrem eigenen Tempo, und das ist auch gut so. Die Übergangszeit zwischen Studierenden- und Erwachsenenleben ist ein idealer Zeitpunkt, um sich die richtigen Fragen zu den eigenen Wünschen zu stellen und der eigenen Autonomie ein Stück näher zu kommen.

 

Überfachliche Kompetenzen

Wenn es darum geht, auf dem Arbeitsmarkt Fuss zu fassen, werden die überfachlichen Kompetenzen zunehmend wichtiger. Die überfachlichen Kompetenzen werden auch Soft Skills genannt. Diese stehen den Hard Skills gegenüber, welche ein Beruf erfordert. Überfachliche Kompetenzen sind alle „nicht-technischen“ Fähigkeiten und Fertigkeiten, die für einen Job relevant sind. Ein Rechtsanwalt muss z. B. die Gesetze kennen (Hard Skills, die mit seinem Beruf als Rechtsanwalt zusammenhängen). Er wird sich in seinem Berufsleben zudem leichter weiterentwickeln, wenn er pünktlich, organisiert, zuverlässig und höflich ist (Soft Skills). Wie Sie diese Soft Skills während des Studiums trainieren können, finden Sie im Kapitel überfachliche Kompetenzen.

Was ist der nächste Schritt?

Es kann helfen Veränderungen als Versuch zu betrachten. Nicht jeder Versuch muss beim ersten Mal funktionieren.

Praktische Tipps

  • Machen Sie sich etwa neun bis zwölf Monate vor Studiumsende Gedanken über Ihre Wünsche für die Zeit nach dem Studium. Erstellen Sie sich eine Liste mit Möglichkeiten.
  • Seien Sie wohlwollend zu sich selbst, falls Sie noch keine klaren Vorstellungen bezüglich Ihrer Berufswahl haben. Vielen jungen Erwachsenen geht es so. In diesem Fall können Sie sich an die Berufsberatungsstelle des Kantons wenden.
  • Erstellen Sie eine Kompetenzbilanz, indem Sie eine Liste mit all Ihren Kompetenzen erstellen. Sie können Ihr Umfeld bitten, diese Bilanz zu vervollständigen, denn Aussenstehende sehen unsere Kompetenzen oft besser als wir selbst.
  • Erstellen Sie eine Liste mit Ihren Prioritäten für die kommende Zeit. Diese Prioritäten sind sehr individuell. Es gibt daher auch keine Standardliste. Folgend finden Sie beispielhafte Aspekte, welche auf einer Liste stehen könnten: Arbeitspensum in Prozent, Ortschaft, bevorzugtes Unternehmen, Jobmerkmale, Grad des sozialen Austausches, Möglichkeit zum selbständigen Arbeiten etc.
  • Sehen Sie sich die Stellenanzeigen auf den üblichen Jobbörsen an: jobup.ch, comparis.ch, jobs.ch, jobscout24.ch.
  • Klären Sie ab, ob Ihre Prioritäten mit den veröffentlichten Stellenanzeigen vereinbar wären und verfeinern Sie ggf. die Suchkriterien.
  • Bereiten Sie Ihren Lebenslauf und Ihr Bewerbungsschreiben vor.
  • Erstellen Sie eine Liste mit einigen Unternehmen, die Sie für ein mehrtägiges Praktikum interessieren würden.
  • Bewerben Sie sich mit Ihrem Bewerbungsschreiben für ein Praktikum. So können Sie verschiedene Berufsumgebungen kennenlernen und besser verstehen, was Ihnen gefallen würde.
  • Wenn Sie eine Praktikumsstelle erhalten, bitten Sie die Arbeitgeber (am Ende des Praktikums) um eine Praktikumsbescheinigung, um Ihre Bewerbungsunterlagen zu ergänzen.
  • Erstellen Sie ein LinkedIn-Profil und ein berufliches Portfolio (z. B. auf Mahara.org). Solche Plattformen ermöglichen es, die individuellen überfachlichen Kompetenzen und persönlichen Leistungen hervorzuheben, auch wenn Sie noch nicht viel Erfahrung haben.
  • Wenn Sie ein Vorstellungsgespräch bekommen, bereiten Sie sich darauf vor. Weitere Informationen finden Sie im Kapitel Vorstellungsgespräch.
  • Wenn Sie eine Arbeitsstelle bekommen, wäre es sinnvoll, sich nachhaltig auf die ersten Wochen vorzubereiten. Hinweise dazu finden Sie im Kapitel Nachteilsaugleich.

Fragen, die Sie sich stellen sollten

  • Weiss ich schon, ob ich lieber weiterstudieren möchte oder ob ich bereit bin, mich in das Berufsleben zu stürzen?
  • Möchte ich in meiner derzeitigen Stadt bleiben oder an einen anderen Ort ziehen?
  • Möchte ich Vollzeit arbeiten?
  • Möchte ich in einem Umfeld arbeiten, das besonders sensibel für Autismus-Spektrum-Störung ist?
  • Habe ich eine genaue Vorstellung von der Art der Stelle, die mich interessieren würde?
  • Habe ich schon einmal auf den Jobbörsen nach Stellenanzeigen gesucht?
  • Habe ich meine Unterlagen für den Bewerbungsprozess zusammengestellt?
  • Möchte ich über meine Autismus-Spektrum-Störung sprechen oder nicht?

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Über den Autor

Nathalie Quartenoud ©

Übsersetzt von Gina Nenninger