Dieser Artikel erläutert die wichtigsten Punkte für ein möglichst erfolgreiches Vorstellungsgespräch.

Nach der Universität erhöht ein erfolgreiches Vorstellungsgespräch die Chancen, während oder nach der Universität in den Arbeitsmarkt einzutreten, um ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen.

Ein Vorstellungsgespräch ist für jeden eine schwierige Übung. Die Vorstellung, sich einem unbekannten Gesprächspartner über eine unbekannte zukünftige Arbeitsstelle vorzustellen, stellt eine große Stressquelle dar.

Die Beschäftigungsfähigkeit von Erwachsenen mit Autismus ist im Durchschnitt geringer als die ihrer neurotypischen Altersgenossen. Junge Erwachsene mit Autismus-Spektrum-Störung haben häufig Schwierigkeiten mit dem Selbstwertgefühl, der Kommunikation, der Interaktion und der sozialen Reziprozität sowie mit dem Verständnis und der Anwendung nonverbaler Verhaltensweisen.

Während eines Vorstellungsgesprächs können viele Faktoren die Entscheidung des Arbeitgebers beeinflussen, ob er Sie einstellt oder nicht. Einige Aspekte sind unveränderlich, andere lassen sich trainieren :

• Die Persönlichkeit spielt im Vorstellungsgespräch eine Rolle. Sie kann nicht verändert werden. Der erste Schritt besteht daher darin, sich selbst zu kennen, um authentisch zu bleiben. Nehmen Sie sich die Zeit, Ihre Qualitäten zu identifizieren. Wenn Sie z. B. genau, diskret, gewissenhaft, zuverlässig sind oder ein Auge für Details haben, sind das Eigenschaften, die auf dem Arbeitsmarkt sehr geschätzt werden. Wenn Sie sich dessen bewusst sind, können Sie sie benennen, um sie hervorzuheben.
• Soziale Kompetenzen sind in einem Vorstellungsgespräch wichtig. Soziale Kompetenzen kann man trainieren. Sie sind wichtig, weil ein freundliches Miteinander einen Einfluss auf die Einstellung einer Person haben kann. Dieser Einfluss kann manchmal größer sein als die tatsächlichen Qualifikationen. Lesen Sie dazu auch den Artikel zu den übergreifenden Kompetenzen.
• Ein angemessener verbaler Ausdruck (intelligente Sprache, nicht zu langsam oder zu schnell, mit Pausen an den richtigen Stellen) kann dazu beitragen, dass die Rede klar und überzeugend wirkt.
• Auch ein beruhigendes nonverbales Verhalten kann dazu führen, dass Ihr Gesprächspartner Ihnen vertraut (Körperhaltung, Blickkontakt, Lächeln, Hand- und Kopfbewegungen).
• Weitere wichtige Aspekte sind die persönlichen Interessen, Werte, Ziele, der Wille und der Gemütszustand des Bewerbers zum Zeitpunkt des Vorstellungsgesprächs.

Vor dem Vorstellungsgespräch

• Informieren Sie sich vorab über das Unternehmen: seine Projekte (vergangene, laufende, zukünftige), seine Werte, seine Arbeitsschwerpunkte.
• Informieren Sie sich, wenn möglich, über die Person, die Sie interviewen wird, um gezielte Fragen vorzubereiten.
• Ein Vorstellungsgespräch kann in verschiedenen Formen geführt werden: persönlich, online, per Video oder nur per Audio: Machen Sie sich mit diesen Methoden vertraut, damit Sie sich wohlfühlen.
• Sehen Sie den Fragen, die Ihnen gestellt werden könnten, voraus, um eine vorbereitete Antwort zu haben.
• Üben Sie die Antworten auf Standardfragen.
• Filmen oder nehmen Sie sich bei diesen Antworten auf, um Ihre Stimm- und Körperhaltung zu verfeinern.
• Üben Sie mit einer Vertrauensperson.
• Erstellen Sie eine Liste mit Ihren Fähigkeiten und Qualitäten. Wählen Sie diejenigen aus, die für die Stelle, für die Sie sich bewerben, geeignet sein könnten, und prägen Sie sich diese ein, um sie während des Vorstellungsgesprächs anzusprechen.
• Wenn Sie Schwierigkeiten haben, Ihre Qualitäten zu identifizieren, bitten Sie Ihre Familie und Freunde um Rat.
• Trainieren Sie die prosoziale Einstellung in Einzelgesprächen:
  • Testen Sie Ihre Körpersprache und Ihren Blickkontakt mit einem Spiegel.
  • Gewöhnen Sie sich daran, Ihre Hände im Stehen gefaltet vor sich liegen zu lassen und im Sitzen auf dem Schoß oder gefaltet. So vermeiden Sie, dass sie sich bewegen und Ihre Nervosität offenbaren.
  • Vor dem Spiegel lernen Sie, gerade zu stehen und die Schultern hochzuziehen.
  • Lernen Sie, Blickkontakt zu halten. Wenn Ihnen das schwerfällt, legen Sie einen Punkt fest, auf den Sie schauen können, z. B. den oberen Teil des Kopfes oder die Augenbrauen.
  • Bereiten Sie einen fertigen Satz vor, um gegebenenfalls zu signalisieren, dass Sie die Frage, die Ihnen gestellt wird, nicht verstanden haben.
• Trainieren Sie prosoziales Verhalten mit einer nahestehenden Person:
  • Simulieren Sie ein Vorstellungsgespräch in Form von Rollenspielen, um Blickkontakt, selbstbewusstes Sprechen und nonverbale Kommunikation zu trainieren.
  • Üben Sie, zu lächeln, Hände zu schütteln und sich vorzustellen
• Lernen Sie, mit Stress umzugehen, z. B. :
  • Mit einer Übung zur mentalen Visualisierung: Stellen Sie sich das Gespräch so vor, als wären Sie dabei, völlig entspannt und ruhig.
  • Mit einer Atemroutine: Denken Sie beim Einatmen an eine positive Affirmation (z. B. „Meine Bewerbung ist interessant und ich könnte aufgrund meiner Qualitäten eine große Ressource für das Unternehmen sein“) und entspannen Sie beim Ausatmen Ihre Nackenmuskeln.
  • Für weitere Techniken dürfte Ihnen das Kapitel über den Umgang mit Emotionen hilfreich sein.
    Informieren Sie sich über die Adresse, die Uhrzeit und den genauen Ort Ihres Termins, damit Sie die Fahrt vorbereiten und genügend Zeit einplanen können.
• Planen Sie, wie Sie zum Treffpunkt gelangen: Erkundigen Sie sich nach Bus-/Zugfahrplänen.
• Fahren Sie die Strecke einmal vorher ab, um das Gebäude zu identifizieren und die Angst vor dem Neuen zu verringern.
• Wenn Sie von einem Verwandten oder Freund begleitet werden möchten, fragen Sie diese Person im Voraus. Wenn möglich, sollte diese Person nicht am Vorstellungsgespräch teilnehmen, umIhrem zukünftigen Arbeitgeber zu zeigen, dass Sie selbstständig sind. Manchmal kann aber auch schon die Anwesenheit einer Vertrauensperson außerhalb des Gebäudes ausreichen, um das Selbstvertrauen zu steigern.
• Bereiten Sie die Kleidung vor, die Sie tragen werden, und achten Sie darauf, dass sie sauber und gebügelt ist. Wählen Sie ein Outfit, in dem Sie sich wohlfühlen und gepflegt aussehen. Je nach Stelle sollten Sie eine angemessene Kleidung in Betracht ziehen (Hemd, Schuhe statt Turnschuhe).
• Betrachten Sie das Vorstellungsgespräch als eine Übung, bei der Sie etwas lernen, auch wenn Ihre Bewerbung am Ende nicht angenommen wird.

Übung zur Körperhaltung

Aufgrund eines geringen Selbstwertgefühls haben Arbeitssuchende manchmal eine mürrische Körperhaltung: Kopf gesenkt, Rücken gebeugt, Schultern nach vorne gezogen. Diese Körperhaltung kann bei Personen, die Sie nicht kennen, ein Gefühl der Angst erzeugen. Hier ist eine einfache Übung:

Bitten Sie eine vertraute Person, ein Foto von Ihnen zu machen, das Sie stehend und sitzend zeigt, so wie Sie in Wirklichkeit aussehen. Drucken Sie die beiden Fotos aus.

Bitten Sie die Person, zwei weitere Fotos desselben Typs zu machen, aber diesmal so, dass Sie gerade und stolz und erwachsen dastehen, das Kinn und den Blick nach oben richten, die Schultern zurückziehen und den geraden Rücken gegen die Rückenlehne lehnen, wenn Sie sitzen.

Vergleichen Sie die Fotos und finden Sie heraus, welche Fotos zu einer selbstbewussten Person passen, die in der Lage ist, die Arbeit zu erledigen, für die sie angeworben wurde.

Der Tag des Vorstellungsgesprächs

• Planen Sie viel Zeit für Ihre Vorbereitung ein.
• Denken Sie daran, dass Ihre Unterlagen sehr interessant sind, sonst wären Sie nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden.
• Achten Sie auf Ihr Äußeres, um einen positiven ersten Eindruck in Bezug auf Ihre persönliche Hygiene zu hinterlassen: Duschen mit Haare waschen, Zähne, Nägel schneiden und nicht mit Parfüm oder Eau de Toilette übertreiben.
• Erscheinen Sie pünktlich! Sie können ruhig etwas zu früh kommen, aber nicht mehr als 10 Minuten.
• Kurz vor dem Vorstellungsgespräch: Setzen Sie die Übungen zur Stressbewältigung um, damit Sie möglichst selbstbewusst in den Vorstellungsraum kommen.
• Atmen Sie vor dem Betreten des Raumes tief durch und vertrauen Sie sich selbst.

Die erste Begrüßung

• Bieten Sie bei der ersten Kontaktaufnahme einen offenen Händedruck an, wenn Covid dies erlaubt. Begleiten Sie diese erste Begrüßung mit einem Blick und einem mäßigen Lächeln, das anzeigt, dass Sie sich freuen, hier zu sein.
• Stellen Sie sich klar vor (Vor- und Nachname).
• Seien Sie zu allen Personen, denen Sie begegnen, herzlich.
• Wenn Sie eine Person zum ersten Mal treffen, kann es sein, dass sich ein paar Minuten „Small Talk“ entwickeln. Dabei handelt es sich um ein harmloses Gespräch, das zwischen den Gesprächspartnern ausgetauscht wird, um ein belastendes Schweigen zu vermeiden sowie das gegenseitige Kennenlernen und den Aufbau einer Beziehung zu beginnen. Hinweise zur Gestaltung dieses Moments finden Sie im Kapitel Small Talk.

Während des Gesprächs

• Behalten Sie die Haltung bei, die Sie bei der Übung mit den Fotos identifiziert haben.
• Halten Sie regelmäßigen Blickkontakt mit Ihrem Gesprächspartner (in die Augen oder zu den Augenbrauen), lächeln Sie mäßig, behalten Sie eine ruhige und gleichmäßige Stimme bei.
• Behalten Sie eine selbstbewusste und interessierte Haltung bei, um Ihrem Gesprächspartner zu zeigen, dass Sie die richtige Person für die Stelle sind.
• Halten Sie die Hände gefaltet, wenn Sie nicht sprechen, sprechen Sie ruhig und stellen Sie Fragen, wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Sie etwas verstanden haben.
• Wenn Ihnen Fragen gestellt werden, versuchen Sie, klar, aber kurz zu antworten, ohne ins Detail zu gehen.
• Stellen Sie in Ihren Antworten eine Verbindung zwischen Ihren Fähigkeiten und den Anforderungen des Unternehmens her.
• Wenn Sie auf eine Frage zu einem Thema antworten, für das Sie sich begeistern, halten Sie sich kurz und gehen Sie nicht ins Detail, es sei denn, Sie werden explizit danach gefragt.
  Ergänzen Sie Antworten auf direkte Fragen durch einige Zusätze („Ja, ich habe dieses Programm bereits während meines Studiums und bei einem Projekt in meiner vorherigen Arbeitsstelle genutzt“ statt „Ja“).
• Wenn sensible Themen wie Religion oder Politik angesprochen werden, behalten Sie eine nüchterne Haltung bei und lassen Sie sich nicht auf kontroverse Debatten ein.
• Folgende Einstellung wird Ihnen während des Vorstellungsgesprächs helfen: „Ich kann meine Fähigkeiten in dieses Unternehmen einbringen. Ich werde ihnen zeigen, wie“.

Am Ende des Vorstellungsgesprächs

• Zeigen Sie Ihre Motivation am Ende des Gesprächs mit einem vorbereiteten Satz (z. B. „Jetzt, wo ich die Stelle besser verstanden habe, fühle ich mich noch motivierter“).
• Bedanken Sie sich bei Ihrem Gesprächspartner dafür, dass er Sie empfangen hat.

Beantworten Sie die Fragen

Die Fragen, die man Ihnen stellen wird, dienen verschiedenen Zwecken: Sie sollen Ihre Fähigkeiten, Ihre Erfahrung und Ihr Persönlichkeit kennen lernen.

Wenn Sie eine Frage überrascht, bitten Sie um einen Moment, um darüber nachzudenken (z. B. „Das ist eine gute Frage, lassen Sie mich einen Moment darüber nachdenken“). Achten Sie darauf, diese Taktik nicht zu übertreiben, und warten Sie auch nicht zu lange, bevor Sie die Antwort geben.

Die STAR-Methode ermöglicht es Ihnen, Ihre Erfahrungen zu erläutern, indem Sie Ihre Antworten präzise und prägnant strukturieren. Sie verhindert, dass Sie sich zu lange mit Themen beschäftigen, die für Sie spannend sind und Ihren Gesprächspartner langweilen könnten. Jeder Schritt wird in 1 bis 2 Sätzen und maximal 30 Sekunden beschrieben.

• Situation: Erklären Sie kurz den Kontext.
• Task(Aufgabe): Welche Aufgabe musste erledigt werden?
• Action (Maßnahme): Welche Maßnahmen wurden zur Lösung der Aufgabe ergriffen?
• Result (Ergebnis): Was war das Endergebnis?

Hier sind einige Fragen, die immer wieder gestellt werden. Üben Sie, sie zu beantworten

• Können Sie sich selbst vorstellen?
  Sie können sowohl Ihre allgemeinen als auch Ihre speziellen Erfahrungen mit der ausgeschriebenen Stelle erwähnen. Gehen Sie nicht zu sehr ins Detail, wenn es um Aspekte wie Ihr Privatleben geht, wo Sie aufgewachsen sind und mit wem Sie zusammenleben.
• Welche Qualitäten haben Sie?
  Listen Sie Ihre Qualitäten auf, die für das Unternehmen nützlich sind. Stellen Sie immer eine Verbindung zwischen der genannten Eigenschaft und dem her, was für die Stelle verlangt wird.
• Was sind Ihre Schwächen?
  Der Interviewer versucht herauszufinden, ob Sie sich Ihrer eigenen Grenzen bewusst sind und aus Ihren Fehlern lernen. Sie sollten eine Antwort vorbereiten, ohne zu lügen oder zu ehrlich zu sein! Es ist am besten, wenn Sie Ihre Schwächen in einer positiven Wendung ausdrücken. Sagen Sie z. B. nicht: „Ich hasse es, im Team zu arbeiten“, sondern lieber: „Ich bin sehr effizient, wenn ich selbstständig arbeiten kann“. Anstatt zu sagen: „Ich habe wenig Selbstvertrauen“, bevorzugen Sie „Ich neige zum Perfektionismus“.
• Warum sollten wir Sie einstellen und nicht jemand anderen?
  Die Antwort, die Sie hier geben müssen, kann Angst machen, da sie auf eine Form von Prahlerei hinauslaufen könnte. Stattdessen sollten Sie hier Ihre Werte und Fähigkeiten beschreiben, die Sie zum idealen Kandidaten machen. Sie können erklären, was Ihnen an dem Unternehmen gefällt und Sie motiviert, sich zu bewerben.

• Habe ich alle Informationen, die ich brauche, um mich zum Treffpunkt zu begeben?
• Welche meiner Eigenschaften könnten auf die gewünschte Arbeit zutreffen?
• Bin ich geübt darin, mich vorzustellen und Standardfragen zu beantworten?
• Fühle ich mich in der gewählten Kleidung wohl?

Autistic-View-Of-Employment-Edited.pdf (autismnow.org) – „An autistic view of Employment“: Dieses Buch ist voll von Tipps, Erfahrungsberichten und Informationen zum Thema Autismus und Beschäftigung.
How to answer 17 challenging interview questions | Randstad Canada – Dieser Artikel listet typische Fragen und Beispielantworten auf.
Job Interview Questions, Answers, and Tips to Prepare (thebalancecareers.com) – In diesem Artikel finden Sie ebenfalls viele Fragen sowie Tipps zur Beantwortung.

Lou Michaud und Nathalie Quartenoud, übersetzt von Maëlle Ulrich