Für Dozierende und das administrative Personal

Der Unterricht an der Universität wird zunehmend dynamischer. Wie kann dabei die Exzellenz bewahrt werden?

Hintergrund

Die Dozierenden an der Universität sind für ihre Fachkenntnisse in ihrem jeweiligen Fachgebiet bekannt.

Die Hochschulbildung hat sich in den letzten Jahren in einem rasanten Tempo weiterentwickelt. Sie hat sich von einem eher strengen und etwas unpersönlichen Modus in eine Bewegung verwandelt, die zunehmend interaktiv ist und auf die Bedürfnisse der Studierenden eingeht. Im Zentrum dieser Philosophie steht die Bewegung des „universal design for learning“, die eine Mischung aus verschiedenen Formen der Lernbegleitung fördert, um möglichst vielen Nutzer/Nutzerinnen gerecht zu werden (Burgstahler & Russo-Gleicher, 2015; CAST, 2018).

Universal Design for Learning

Universal Design for Learning ist ein Konzept, das in der Architektur entstanden ist, um Aspekte zu betonen, die möglichst viele Nutzer/Nutzerinnen ansprechen. Auf die Bildung bezogen, beinhaltet diese zeitgemässe Betrachtung von Unterricht die Berücksichtigung und Unterstützung verschiedener Lerngruppen, unabhängig von Hintergrund, Status oder Behinderung (Bublitz et al., 2015).

Entgegen dem Programmnamen bevorzugt «Universal Design for Learning» nicht einen „universellen“ Zugang, sondern die Bereitstellung von Optionen. Den Studierenden sollen vielfältige und unterschiedliche Möglichkeiten angeboten werden, um an Lernaktivitäten teilzunehmen und ihr Verständnis unter Beweis zu stellen.

Darüber hinaus werden im Programm Universal Design for Learning proaktive Bildungsstrategien bevorzugt. Damit sollen vielfältige Lernwege unterstützt werden, anstatt den Schwerpunkt auf rückwirkendes Lernen zu legen (wie z. B. bereits vorhandenem Material überarbeiten, um es an die Bedürfnisse einer bestimmten Gruppe anzupassen).

Exzellenz ist nicht Konformität

Was hat das mit mir zu tun?

Angesichts der Prävalenz von Autismus in der Gesellschaft ist es wahrscheinlich, dass die Mehrheit der Dozierenden an der Universität im Laufe ihrer Karriere mit Studierenden aus dem Autismus-Spektrum konfrontiert sein wird.

Dozierende befürchten häufig, dass die Qualität ihres Unterrichts durch die neue Vision abnehmen könnte. Eine Öffnung hin zur kognitiven Vielfalt kann jedoch die gegenseitige Neugier zwischen Dozierenden und Studierenden fördert. Als Nebeneffekt kann eine positive Lerndynamik entstehen, bei der motivationale Prozesse eine wichtige Rolle spielen.

Es geht keinesfalls darum, die Exzellenz des Unterrichts zu mindern oder einzelne Studierende unter dem „Deckmantel“ einer autistischen Störung zu bevorzugen. Der Spielraum für Anpassungen liegt zwischen den tatsächlichen Fähigkeiten der Studierenden und den durch die Behinderung eingeschränkten Fähigkeiten. Im Kapitel Nachteilsausgleich wird dieser Punkt näher erläutert.

Was ist der nächste Schritt?

"Zweifel ist der erste Schritt zur Freiheit, weil er eine Wahl impliziert" Boris Cyrulnik

Praktische Tipps

Unterricht und Lernumgebung

  • Erwartungen erläutern (Art der Prüfungen, Lernziele, Einzelarbeit, Termine)
  • Klare, prägnante und unmissverständliche Informationen geben
  • Kursmaterialien vorab zur Verfügung stellen
  • Änderungen frühzeitig bekanntgeben
  • Art der Gruppenarbeit oder -prüfung spezifizieren
  • Studierenden ggf. über die wichtigsten Schritte bei der Organisation von Projekten orientieren oder sie bei der Organisation der Gruppenarbeit unterstützen
  • Prüfungsgestaltung anpassen, wenn Massnahmen zum Nachteilsausgleich gewährt werden
  • Unterrichtsrhythmus (Stundenplan, Pausen) und Unterrichtsorte klären
  • Unterrichtsroutinen herstellen (z. B. zu Beginn jeder Stunde daran erinnern, was bereits behandelt wurde, und eine Verbindung zu den kommenden Inhalten herstellen)
  • Bei „originellen Vorgehensweisen“ flexibel bleiben (z. B. hinsichtlich der Art zu arbeiten, sich auszudrücken oder zu präsentieren)
  • Die Bedingungen so weit wie möglich an besondere Schwierigkeiten anpassen (Zeitplan, Nutzung von Computer, Aufnahmegerät, formatives Feedback)

Administrative Strukturen

  • Unterstützung von Initiativen zur Förderung besonderer Bedürfnisse
  • Betreffenden Personen die notwendigen Informationen über Autismus geben
  • Erleichterung der Weitergabe von Informationen (v.a. von geografischen Informationen, Räume)
  • Wenn möglich sensorische Aspekte anpassen (Helligkeit der Räume anpassen, störende Geräusche bei der mündlichen Informationsvermittlung minimieren, schriftliche Informationen geben, etc.)
  • Mit Studierenden über Förder- oder Diagnosemöglichkeiten sprechen
  • Personen, die informiert werden müssen, wenn möglich vor Beginn des Studiums informieren
  • Studierendenberatung: Hilfe bei der Organisation, Planung, Durchführung von Arbeiten, Reflexion über Ziele mit hoher und weniger hoher Priorität
  • Menschen aus dem Autismus-Spektrum sollten genauso viel Unterstützung erhalten wie Menschen mit anderen besonderen Bedürfnissen
  • Eine Ansprechperson für Autismus bestimmen
  • Studierende aus dem Autismus-Spektrum miteinbeziehen
  • Ruheräume anbieten
  • Besonderheiten der Kommunikation verstehen

Kommunikation mit einer Person aus dem Autismus-Spektrum

Individuelle Unterstützung für Studierende (wenn nötig)

  • Studierende ermutigen, um Unterstützung zu bitten
  • Die Autismus-Diagnose reicht nicht aus. Die Bedürfnisse der jeweiligen Studierenden müssen anhand der besonderen Funktionsweisen individuell bewertet werden.
  • Eine konkrete und möglichst konstante Unterstützungsperson organisieren (für Mentoring, Coaching, E-Mentoring, Peer-Mentoring, Sponsoring bitte mit dem Autism&Uni-Team Kontakt aufnehmen).
  • Stärken identifizieren
  • Unterstützungsbedarf regelmässig abklären
  • Bei Übergängen spezifische Unterstützung anbieten
  • Räumlich-zeitliche Gestaltung berücksichtigen
  • Den Kontakt mit einer Ansprechperson erleichtern
  • Studierende bei der Entscheidung helfen, ob über Diagnose gesprochen werden soll
  • Studierende aus dem Autismus-Spektrum müssen in der Lage sein, ihre Bedürfnisse zu definieren, wenn nötig mit Hilfe
  • Aufbau von Selbstvertrauen unterstützen

Insta be your best self

Fragen, die Sie sich stellen sollten

  • Haben Sie jemals eine Person aus dem Autismus-Spektrum getroffen?
  • Verstehen Sie die Herausforderungen des Universal Design for Learning?
  • Welche Fragen haben Sie noch und wie wollen Sie diese beantworten?
  • Haben Sie in den Unterrichtsräumen schon einmal auf sensorische Aspekte geachtet?
  • Sind die von der Abteilung vorgeschlagenen Verwaltungsverfahren eindeutig?

Zusätzliche Informationen

Die beiliegenden Publikationen können Lehrkräften sowie dem Leitungs- und Verwaltungspersonal der Universität konkrete Unterstützung bieten:

Best practice directions universitéBest practice Enseignants Université

Hier sind sie noch auf Englisch:

 

Über den Autor

Nathalie Quartenoud ©

Übersetzt von Gina Nenninger