Lernstrategien

Um unbeschwert durch das Studium zu kommen, gibt es zwei Schlüsselkompetenzen, über welche die Studierenden verfügen sollten: organisieren und Notizen machen. In diesem Kapitel werden diese Schlüsselkompetenzen näher erläutert.

Hintergrund

Vorlesungen werden auf sehr unterschiedliche Art und Weise gehalten. Manche Dozierenden geben ihre Materialien ab, sodass Sie sich z.B. direkt auf dem PDF-Dokument der Präsentation Notizen machen können. Andere geben die Materialien erst nach der Vorlesung ab oder bieten keine Vorlesungsunterlagen an. In jedem Fall müssen die Studierenden eine Möglichkeit finden, um sich effizient Notizen zu machen. Zudem ist es wichtig herauszufinden, wie man diese Notizen anschliessend logisch ordnen kann, damit man sie leicht wiederfindet.

Manche Studierenden schreiben die Inhalte der gesamten Vorlesung ab oder machen eine Reinschrift der eigenen Notizen. Das kann helfen, sich den Stoff leichter zu merken, ist aber auch mit einem grossen Zeitaufwand verwunden. Eine pragmatischere Arbeitsweise kann helfen, Zeit einzusparen, ohne dabei an Lernqualität einzubüssen.

Anders als am Gymnasium gibt es an der Universität fast nie eine Zwischenprüfung. Es gibt nur ein Examen am Ende des Semesters oder des Jahres, um alle absolvierten Lernleistungen zu überprüfen.

Die meisten Dozierenden geben in der ersten Unterrichtsstunde die Lernziele bekannt, die am Ende eines Kurses, d. h. bei der abschliessenden summativen Bewertung einer Prüfung, erreicht werden müssen. Diese Bewertung kann sich auf eine Hausarbeit, ein Arbeitsportfolio, eine Abschlusspräsentation oder auch auf eine schriftliche oder mündliche Prüfung beziehen. Anhand von Bewertungskriterien wird die Qualität Ihrer Arbeit im Hinblick auf die angekündigten Lernziele beurteilt. Diese Kriterien werden in der Regel vorab mitgeteilt.

Sie werden ein- bis dreimal im Jahr Prüfungen haben (im Februar, Juni und/oder September). Viele Studierende empfinden Bewertungen und Prüfungen als stressig. Wenn Sie sich nicht sicher sind, wie die Lernziele und Bewertungskriterien zu interpretieren sind, können Sie mit der Dozentin/ dem Dozenten darüber sprechen. Für die Studierenden kann es eine Herausforderung sein, sich einen geeigneten Zeitplan zu erstellen und sich nicht von all dem Kurs- und Lesematerial überwältigen zu lassen.

«Ich habe das Gefühl, dass ich alles, was auf der Leseliste des Kurses steht, unbedingt lesen muss, auch wenn es Jahre dauert. Es fällt mir schwer, nur bestimmte Themen zu wiederholen.» (Studentin der Ingenieurwissenschaften)

Ob Unterricht oder individuelle Wiederholungen – es ist von Vorteil, wenn Sie eine Routine finden.

„Ich brauchte Hilfe, um mich für eine grosse Forschungsarbeit zu organisieren.“
(P., Britischer Student)

 

Was hat das mit mir zu tun?

„Es war schwierig, die Arbeiten und die individuellen Aufträge rechtzeitig abzugeben und die Arbeit vor den Leuten zu präsentieren.“ (L., Student aus Finnland)

Viele Studierende aus dem Autismus-Spektrum berichten, dass eine grosse Herausforderung bei Prüfungen darin besteht, die Lernzeit über einen längeren Zeitraum zu organisieren.

Beim Verfassen von Arbeiten für den Unterricht können die Herausforderungen ähnlich sein. Sie müssen sich Ihre Zeit einteilen, damit Sie nicht unter Zeitdruck geraten, wenn die Deadline näher rückt. Sie müssen auch in der Lage sein, mehrere Arbeiten innerhalb desselben Zeitraums zu realisieren.

Es ist hilfreich, Lernstrategien zu entwickeln, die Ihnen eine pragmatische Arbeitsweise ermöglichen. Die Organisation wird dabei einen wichtigen Stellenwert einnehmen.

Was ist der nächste Schritt?

Machen Sie sich zu Beginn eines Projekts oder Kurses mit den Bewertungskriterien vertraut.

Praktische Tipps

Notizen machen:

  • Entwickeln Sie Ihre eigenen Abkürzungen, um während des Notizenmachens Zeit zu sparen.
  • Entscheiden Sie sich beim Notizenmachen für eine Vorgehensweise, die in allen Situationen angewandt werden kann.
  • Erarbeiten Sie sich ein geeignetes Farbsystem. Notieren Sie sich Wichtiges z.B. rot, Beispiele grau und Unverstandenes grün.
  • Wenn Sie nicht direkt in die PDF-Dokumente reinschreiben, sollten Sie ein System finden, um die Notizen den Folien- oder Seitennummern zuordnen zu können. Idealerweise sollte das System für alle Kurse gleich sein.
  • Den Inhalt der Folien vollständig abzuschreiben, ist wahrscheinlich eine Verschwendung von Energie. Es kann aber auch sein, dass Sie sich dabei besser konzentrieren können.
  • Wenn Dozierende Termine für den Unterricht ankündigen, notieren Sie sich diese Termine sofort in Ihrem Terminkalender.
  • Zu Beginn eines Semesters sollten Sie unbedingt an der ersten Unterrichtsstunde teilnehmen, da die Dozierenden bei dieser Gelegenheit oft ihre Erwartungen und Anweisungen erläutern. Diese Informationen ermöglichen es Ihnen, den Umfang des Selbststudiums abzuschätzen.
  • Fassen Sie am Ende jeder Unterrichtsstunde einige Schlüsselelemente kurz zusammen (z. B. 5 oder 6 Punkte). Notieren Sie sich zudem einen Satz zu Ihrem persönlichen Verständnis des Kursinhalts. Dies wird Ihnen helfen, den Stoff zu behalten und ein kritisches Denken zu entwickeln.

Wiederholung des Lernstoffes:

  • Manche Dozierenden zeichnen den Unterricht auf und geben ihn nach dem Unterricht auf einer Plattform wie Switch, Teams, Zoom oder Moodle frei. Sie dürfen Dozierende nicht ohne ausdrückliche Zustimmung aufzeichnen. Wenn die Dozierenden die Erwartungen erläutern, notieren Sie diese.
  • Nach zwei oder drei Wochen Unterricht werden Sie ein gutes Verständnis für den Umfang des Stoffes haben. Planen Sie ein, wann Sie den Lernstoff wiederholen wollen. Orientieren Sie sich dabei am Prüfungsdatum und teilen Sie den Stoff durch die Anzahl der Ihnen zur Verfügung stehenden Wochen.
  • Lernen Sie an einem Ort, an dem Sie nicht abgelenkt werden. Legen Sie die Gegenstände, die Sie zum Lernen brauchen, auf Ihren Arbeitstisch und räumen Sie alle möglichen Ablenkungen weg.
  • Versuchen Sie herauszufinden, welche Aktivitäten viel Zeit in Anspruch nehmen (z. B. soziale Netzwerke oder Videospiele) und reduzieren Sie diese auf ein Minimum, ohne sie ganz abzuschaffen (reservieren Sie sich z.B. eine Stunde am Ende des Tages).
  • Schaffen Sie sich Routinen, um sich an die Überarbeitung oder das Verfassen schriftlicher Arbeiten zu machen.
  • Auch wenn Sie ein Thema mehr fasziniert als ein anderes, sollten Sie jedem Thema/Fach genügend Zeit widmen.
  • Achten Sie darauf, dass Sie nicht zu viel Zeit in Themen investieren, für die Sie eine Leidenschaft hegen.
  • Zusammenfassungen des Lernstoffes können auch aufgenommen werden. Das Hören solcher Aufnahmen ist für Lernende, welche gut auditiv lernen, gut geeignet.
  •  Das Erstellen von Mindmaps (z.B. mit Hilfe einer Software auf dem Laptop oder von Hand) kann eine gute Methode sein, um den Lernstoff und Verknüpfungen zu visualisieren. Diese Methode ist für Lernende, die gut visuell Lernen, besonders geeignet.

carte mentale

Organisation:

  • Wählen Sie einen Terminkalender, der zu Ihrer Arbeitsweise passt: Papier, Outlook, Telefonkalender mit oder ohne Erinnerungen.
  • Suchen Sie mithilfe des Studienplans alle Kurse, die Sie belegen müssen auf Timetable.
  • Fügen Sie alle Termine der Kurse in Ihren Terminkalender ein.
  • Geben Sie alle Fälligkeitstermine ein: Einschreibung Unterrichtseinheit, Einschreibung Examen, Termine individueller Arbeiten und Aufgaben.
  • Halten Sie auch weitere Termine in Ihrem Terminkalender fest: Sport, Arzt, private Verabredungen.
  • Aufgabenanalyse: Führen Sie für jeden Kurs eine genaue Analyse durch. Analysieren Sie dabei, welche individuellen Arbeit Sie absolvieren müssen, um das Examen zu bestehen. Halten Sie fest, wie gross der Zeitaufwand dafür ist. Nehmen Sie für jeden Kurs ein leeres A4-Blatt:
    • Erstellen Sie eine genaue Liste mit allen Aufgaben, die Sie zur Vorbereitung auf das Examen erledigen müssen (z. B. Zusammenfassung der Kapitel 1 bis 5, Kapitel 1 wiederholen, Kapitel 2 wiederholen, meinen Teil für die Gruppenarbeit schreiben). Je genauer Sie bei dieser Liste sind, desto effektiver wird die Liste sein.
    • Heben Sie lange oder schwierige Aufgaben farbig hervor. Diese sind besonders wichtig, weil sie viel Zeit in Anspruch nehmen.
    • Zählen Sie die Anzahl der Aufgaben insgesamt, wobei Sie die hervorgehobenen Aufgaben doppelt zählen.
    • Zählen Sie die Anzahl der Wochen ab heute bis zum Examen oder zum Abgabedatum.
    • Teilen Sie die Anzahl der Aufgaben durch die Anzahl der Wochen, um die Aufgaben auf regelmässig auf die Wochen zu verteilen (wenn Sie z. B. noch 12 Wochen Zeit haben und Ihre Vorbereitung 24 Aufgaben umfasst, müssen Sie zwei Aufgaben pro Woche erledigen, um rechtzeitig fertig zu werden).
    • Tragen Sie die Aufgaben in Ihren Terminkalender ein.

Die eigene Arbeit an der Universität organisieren

« Früher haben mich die Prüfungen richtig fertig gemacht. Ich habe einfach weitergemacht und meine Gedanken wurde allmählich frei. Jetzt habe ich gemerkt, dass mir der Stress nicht wirklich hilft und dass ich bei Prüfungen viel besser zurechtkomme.» (Student der Biowissenschaften)

Fragen, die Sie sich stellen sollten

  • Lesen Sie Dokumente lieber auf dem Bildschirm oder auf Papier?
  • Was hilft Ihnen dabei, sich auf mündliche Informationen zu konzentrieren, wenn Sie von störenden Geräuschen umgeben sind?
  • Haben Sie einen bevorzugten Platz im Vorlesungsraum, um dem Unterricht konzentriert folgen zu können?
  • Ist es für Sie hilfreicher, sich Ihre Zusammenfassungen im Audioformat anzuhören oder visuelle Mindmaps Ihrer Ideen zu erstellen?
  • Welche Strategie habe ich, um meine Arbeit durch das Feedback anderer zu verbessern?
  • Wo finde ich Informationen über die Bewertungen?
  • Kenne ich die Termine und Fristen für die Abgabe meiner Arbeiten und Aufgaben?
  • Ist für mich klar, wann ich welchen Lernstoff wiederhole/lerne (Zeitpunkt, Inhalt)?

Zusätzliche Informationen

CONTACT

Über den Autor

Nathalie Quartenoud ©

Übsersetzt von Gina Nenninger

Weiter lesen