Privatleben und Freizeitgestaltung

In diesem Kapitel werden wichtige Elemente des Privatlebens und der Freizeitgestaltung während des Studiums erläutert. Zudem werden Orte in Freiburg vorgestellt, an denen man ausserhalb der Vorlesungszeiten eine gute Zeit verbringen kann.

Hintergrund

Beim Eintritt in die Universität ist das Kennenlernen neuer Menschen und das Schliessen von Freundschaften für viele Studierende ein aufregendes und zugleich schwieriges Unterfangen. Für Studierende aus dem Autismus-Spektrum ist das erste Semester an der Universität eine Zeit der Veränderung und Anpassung. Diese Zeit kann im Hinblick auf die sozialen und routinemässigen Aspekte des Autismus besonders herausfordernd sein.

Am Anfang ist es nicht sinnvoll, sich selbst unter Druck zu setzen, um Freunde zu finden. Wichtiger ist es, mit den Personen auszukommen und Bekanntschaften zu machen. Mit diesen Personen und Bekanntschaften können dann ggf. gemeinsame Aktivitäten geplant werden, was zu weniger Einsamkeit führen kann.

Es mag verlockend sein, ausserhalb des Unterrichts nichts zu unternehmen. Wenn Sie sich jedoch mit Leuten verstehen (auch wenn sie nicht Ihre besten Freunde sind) und an Aktivitäten ausserhalb des Unterrichts teilnehmen, kann das dazu beitragen, dass die Universität für Sie zu einer positiven Erfahrung wird. Ideen für Aktivitäten finden Sie im Veranstaltungskalender der Universität.

Im Laufe Ihres Studiums werden Sie neue Menschen kennenlernen. Einige werden nur Bekannte bleiben, andere werden vielleicht zu echten Freunden.

“ Das Erste, was man sich merken sollte, ist, dass man nicht allein ist. Wir alle waren schon einmal an einem Punkt, an dem wir das Gefühl hatten, dass wir die Einzigen sind, denen es schwerfällt, Freunde zu finden. Bei mir war das besonders der Fall, weil ich das Asperger-Syndrom habe, das eine Form von Autismus ist. Das bedeutet im Wesentlichen, dass ich Probleme habe, soziale Kontakte zu knüpfen und Freundschaften zu schliessen. Trotz der Schwierigkeiten, die mir das bereitet hat, habe ich jetzt eine ganze Reihe von Freunden“ (James, ehemaliger Schüler).

So antworteten die Teilnehmer der ersten Autism&Uni-Forschung auf die Frage, wie sie Freunde gefunden hätten:

  • „Ich trat Clubs bei und wurde dann eingeladen, mit den Leuten abzuhängen, weil ich ein sehr interessanter Spinner war (so wurde es mir jedenfalls gesagt)“.
  • „Über die Unterkunft, dann Freunde von Freunden“.
  • „Durch meine Arbeit in der Bibliothek, Freunde von Freunden (nur wenige aus der Schule waren an der gleichen Universität), Labore“.
  • „Ich bin zur Gesellschaft für kreatives Schreiben gegangen und habe dort Nerds wie mich getroffen“.
  • „Trinken“ (diese Antwort war beliebt – das Interesse an und die Toleranz für Alkohol können variieren…).
  • „Ich habe es geschafft, eine Gruppe Gleichgesinnter zu finden (Gruppe von Umweltaktivisten) – nicht, dass ich sie alle mochte, aber ich habe in dieser Gruppe Leute gefunden, mit denen ich gematched habe, und das hat mir viele weitere Beziehungen ermöglicht.“
  • „Ich ging zum Einführungstag und schloss mich etwa einer Million Gruppen an. Dann merkte ich, dass das zu viel war, und konzentrierte mich auf Rugby – Freunde fürs Leben! “ .
  • „Ich wohnte in einem Studentenwohnheim und musste daher mit Fremden in Gemeinschaftsräumen abhängen. Um ehrlich zu sein, habe ich nie wirklich echte Freunde gefunden“.
  • „Mutig sein und mit Menschen in endlosen Warteschlangen sprechen. So habe ich meinen engsten Freund kennengelernt, den ich seit nunmehr fast 18 Jahren habe“.
  • „Nach einem ersten oberflächlichen Gespräch mit allen in der Einführungswoche sprach ich mit meinen Nachbarn auf dem Flur und mit den Leuten im Filmclub. Andere Freunde von Freunden wurden auch zu meinen Freunden. Die dauerhaftesten akademischen Freundschaften (jetzt 30 Jahre) sind aus gemeinsamen Interessen und Hobbys entstanden“.
  • „Ich hatte Glück mit ein paar netten Leuten in den Gängen (na ja, drei), die mich mit anderen netten Leuten bekannt gemacht haben“.
  • „Ich habe in Korridoren gelebt, ich habe mich nerdig aussehenden Kommilitonen genähert, ich habe Leute in Internetforen kennengelernt“.
  • „Ich bin in ein Studentenwohnheim gezogen, habe meine Tür offen gelassen, mit den Leuten gesprochen, hatte am Anfang Angst vor allen Erstsemestern, also habe ich Zweitsemester gefunden. Ich habe Anstrengungen und Willenskraft eingesetzt, um all das zu tun – ich war sehr schüchtern und nicht sehr selbstbewusst. Im zweiten Jahr blieb ich auf den Fluren und fand leichter Freunde – dann ging ich hinaus und erweiterte meinen Bekanntenkreis, indem ich Zeit in Cafés verbrachte“.

Bevor Sie an die Universität gehen, werden Sie in sozialen Netzwerken wahrscheinlich Gruppen für Studierende finden. In Freiburg ist vor allem die Gruppe Students Fribourg relativ aktiv.

 

Was hat das mit mir zu tun?

Die Idee, auf Menschen mit ähnlichen Interessen zuzugehen, erleichtert bereits die erste Kontaktaufnahme.

In Freiburg gibt es mehrere Möglichkeiten mit Menschen in Kontakt zu treten:

Manchmal reicht es schon, ein oder zwei nette Menschen zu treffen, die Sie wiederum anderen vorstellen und so weiter. Es bringt jedoch nichts, sich unter Druck zu setzen. Zudem ist es wichtig, dass Sie immer sich selbst bleiben, egal welche Begegnungen Sie haben.

Viele Studierende der Autism&Uni-Studie berichteten, dass ihnen das Reden mit Freunden wirklich half, wenn sie gestresst waren. Viele Studierende stellten jedoch auch fest, dass das soziale Miteinander eine der grössten Herausforderungen an der Universität darstellte.

Viele Faktoren spielen beim Herstellen von Kontakten und Freundschaften eine Rolle: z.B. die eigenen sozialen Fähigkeiten, aber auch ein bisschen Glück, die richtigen Leute zur richtigen Zeit zu treffen. Es gibt aber kein Patentrezept, wie man am besten Freunde findet.

In Freiburg sind Cafés und Restaurants eine echte Institution. Während des Semesters ist fast ein Viertel der Stadt Freiburg voll mit Studierenden. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass Sie ohne Verabredung Leute treffen, die Sie kennen, indem Sie einfach an den Cafés und Terrassen vorbeischlendern.

Viele Studierende verbringen gerne Zeit in Cafés, um sich zu unterhalten oder zu lernen. In der Nähe der Miséricorde gibt es z.B. das Café Mondial und das Café Populaire. Die beiden Cafés sind oft voll mit Studierenden. Auch das Café de l’Ancienne Gare (in der Nähe des Bahnhofs) wird von Studierenden häufig besucht. Zudem gibt es auch Cafeterias, Mensas, Studierendenräume und andere Einrichtungen der Universität, welche Sie im Abschnitt Standorte der Gebäude finden.

Viele Studierende aus dem Autismus-Spektrum fühlen sich unwohl mit der Idee, sich ohne Ziel zu sozialisieren. Jeder Mensch ist frei und soziale Kontakte sind keine Pflicht. Wenn Sie mehr soziale Kontakte knüpfen möchten, bietet es sich z.B. an, im Rahmen einer Gruppenarbeit etwas trinken zu gehen. Dafür kann es hilfreich sein, Restaurants oder Cafés mit wenig oder schwachen sensorischen Reizen auszuwählen. Wenn Sie Cafés oder Restaurants gefunden haben, welche für Sie gut geeignet sind, kontaktieren Sie uns. Wir werden mithilfe Ihrer Beiträge eine Liste erstellen.

Ein Gespräch mit einer unbekannten Person zu beginnen, erfordert viel Mut (unabhängig davon, ob man auf dem Autismus-Spektrum ist oder nicht). Am Anfang, wenn man nur wenige Menschen kennt, kann das Kennenlernen von unbekannten Personen einschüchternd sein.

Sie können den Beginn des Studiums nutzen, um die Mitstudierende kennenzulernen. Dafür kann es hilfreich sein, sich ein spezifisches Szenario vorzustellen. Das könnte z.B. wie folgt aussehen:

  • Hallo sagen
  • Den eigenen Namen nennen und fragen, wie die Person gegenüber heisst
  • Über das sprechen, was man gerade gemeinsam erlebt hat (Hast du den Teil der Stunde verstanden, in dem es um … ging?)
  • Wenn ihr euch besser kennengelernt habt, gibt es wahrscheinlich einen konkreten Anlass, um Telefonnummern auszutauschen oder euch in sozialen Netzwerken hinzuzufügen (Ich kann dir den Link für die … schicken, gibst du mir deine Nummer?).
  • Wenn man sich dann etwas besser kennt, kann man sich Nachrichten schicken, um beispielsweise Informationen auszutauschen oder auch nur zum Spass. Dabei sollte man darauf achten, dass der Austausch der Nachrichten auf Gegenseitigkeit beruht. Das bedeutet, dass man nach dem Senden einer Nachricht (oder manchmal auch mehrerer Nachrichten) abwarten sollte, bis die andere Person sich meldet bzw. Kontakt aufnimmt.
  • Danach bietet sich vielleicht die Gelegenheit, etwas gemeinsam zu unternehmen: z. B. gemeinsam zu einer Konferenz fahren, eine Kinovorstellung besuchen oder zusammen auf eine Party gehen.

Was ist der nächste Schritt?

Machen Sie einen Spaziergang, um diejenigen Orte zu finden, an denen Sie sich sozial wohlfühlen.

Praktische Tipps

  • Schliessen Sie sich Gruppen, Gesellschaften und Vereinen an (innerhalb oder ausserhalb der Universität).
  • Stellen Sie die Menschen, die Sie kennenlernen, einander vor. Sie werden das Gleiche mit Ihnen und ihren Freunden tun.
  • Versuchen Sie, den Unterschied zwischen Bekanntschaften und echten Freundschaften zu verstehen.
  • Versuchen Sie, Ihre Zimmertür offen zu lassen, wenn Sie in einer Studierendenunterkunft oder Wohngemeinschaft leben und unterhalten Sie sich mit den Menschen in den Gemeinschaftsbereichen.
  • Ideen für Aktivitäten finden Sie im Veranstaltungskalender der Universität oder im Tourismusbüro von Freiburg.
  • Wenn Sie eine Rückzugsmöglichkeit brauchen, finden Sie hier eine Liste der ruhigen Bibliotheken und Orte in Fribourg.
  • Nehmen Sie sich Zeit, um die Cafeterias, Cafés und Restaurants in Freiburg zu entdecken und zu entscheiden, wo Sie sich am wohlsten fühlen.
  • Abonnieren Sie z.B. den Newsletter von Orten, an denen es viele Studierende gibt (z.B. l’Ancienne gare oder le Centre Fries) oder treten Sie Facebook-Seiten bei, die Sie interessieren. So werden Sie laufend über soziokulturelle Neuigkeiten informiert.

Fragen, die Sie sich stellen sollten

  • Gibt es an der Universität Freiburg Clubs, Gruppen oder Gesellschaften, die mit meinen Interessen in Zusammenhang stehen?
  • Bin ich in der Lage, die Tür meines WG-Zimmers offen zu lassen, damit die Mitbewohnenden wissen, dass ich offen bin für neue Kontakte?
  • Habe ich meine Fachschaft im Internet gefunden? Ist diese Fachschaft aktiv? Wenn ja, möchte ich mich dort engagieren?
  • Welche typischen Orte für Studierende interessieren mich?
  • Habe ich schon eine ruhige Ecke gefunden, wo ich ungestört sein kann, wenn ich es brauche?

Über den Autor

Nathalie Quartenoud ©

Übsersetzt von Gina Nenninger