Projekt Zusammenfassung
Der Krieg in der Ukraine hat deutlich gemacht, wie abhängig wir für unsere Stromversorgung von einigen wenigen, politisch und wirtschaftlich mächtigen Akteuren sind. Gleichzeitig zeigt die sozialanthropologische Forschung, dass Mega-Wasserkraftwerke oder grosse Windparks zwar erneuerbare Energien produzieren, dabei aber besonders häufig marginalisierte Communities auf der ganzen Welt die Last solcher Mega-Infrastrukturen tragen müssen. Den Profit sowie auch den generierten Strom erhalten andere. Durch Wind, Sonne oder Wasser betriebene Kleinkraftwerke hingegen ermöglichen Gemeinden, Haushalten und Familien, ihre eigenen Energieinfrastrukturen aufzubauen und sich damit unabhängig von Grossanbietern mit Strom versorgen zu können.
“MAINTAINING RELATIONS: Community-owned Hydropower Infrastructure Through Time” ist ein vierjähriges Forschungsprojekt (2024-2028), das vom Schweizerischen Nationalfonds finanziert wird. Unser Ziel ist, zu verstehen, wie solche Communities of Energy ihre Klein-Wasserkraftwerke und Stromversorgungsnetze über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte aufrechterhalten konnten. In drei Communities of Energy in den Schweizer Alpen und Lateinamerika wollen wir erforschen: Wie wurde das für die Erhaltung der Infrastruktur nötige Wissen weitergegeben? Wie haben sich die Beziehungen, Besitz- und Machtverhältnisse innerhalb dieser Gemeinschaften rund um die Kleinwasserkraftwerke verändert? Welche politischen Mechanismen, legalen Strukturen und gesellschaftlichen Konventionen haben geholfen, die Infrastrukturen über Generationen aufrechtzuerhalten? Wir nehmen an, dass für die Instandhaltung emotional bedeutsame Beziehungen wie Verwandtschaft von zentraler Bedeutung sind.
Mit diesem Projekt wollen wir die häufig von technischen Fragen geprägten Debatten über Energie-Infrastruktur zusammen mit den Erkenntnissen aus der Anthropologie zu Verwandtschaft und Care. Damit ermöglichen wir nicht nur ein besseres Verständnis über die meist unsichtbare Arbeit der Instandhaltung; wir erweitern auch die Erkenntnisse der Infrastrukturforschung, indem wir uns auf die dialektische Beziehung zwischen der Gemeinschaft und der Instandhaltung der Infrastruktur sowie auf die Rolle der Verwandtschaft in diesem Zusammenhang konzentrieren.
In Zusammenarbeit mit diesen Communities werden wir ein Best-Practice-Modell erstellen, das auch anderen Gemeinschaften den Aufbau dezentraler Strom-Infrastrukturen ermöglichen soll.